Positionspapier Cittaslow Deutschland zu aktuellen Fragen
Wir leben heute in unruhigen Zeiten. Während die große Politik in der globalisierten Welt sich mit Kriegen, Aufrüstung, Vertreibung, Handelskonflikten und vielen Bedrohungsszenarien beschäftigt, treiben die Menschen vor Ort Themen wie Klimaveränderung, Artensterben, Digitalisierung, künstliche Intelligenz oder auch soziale Ungerechtigkeiten mit dramatischen Folgen wie Flucht und Migration, Krankheiten, Vereinsamung, Perspektivlosigkeit um.
Viele der Themen und Probleme sind schon lange bekannt, dennoch bedurfte es beispielsweise beim Klimaschutz des Protestes der jungen Generation, um die Bedeutung des Klimawandels in Politik und Gesellschaft erst richtig bewusst zu machen.
Was muss angesichts dieser Situation getan werden, um die Zukunft unseres Planeten nicht zu verspielen?
Wichtig wäre, dass sich die große Politik konsequent für Frieden und Freiheit einsetzt, Kriege und Aufrüstung beendet und vernünftige Lebensgrundlagen für die Menschen schafft. Nur in Frieden und Freiheit können sich Menschen und Gesellschaften entwickeln und entfalten.
Ziel vor allem der Gemeinden und Städte muss es sein, die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger zu sichern und zu erhöhen. Dazu bedarf es eines Umdenkens in vielen Bereichen des Lebens und zahlreicher Änderungen im Verhalten und im Lebensstil.
Klima- und Artenschutz, die Erhaltung unserer Lebensgrundlagen, die Bewahrung der Schöpfung, ein verantwortungsvoller Umgang mit den digitalen Medien und der künstlichen Intelligenz, die den Menschen dienlich sein muss und sich nicht verselbständigen darf, können nur erreicht werden, wenn sich die Menschen an der Basis, in ihren Städten und Gemeinden aktiv dafür einsetzen.
Die Vereinten Nationen haben im Rahmen ihrer Agenda 2030 dazu 17 Nachhaltigkeitsziele, die Sustainable Development Goals (SDG´s) entwickelt und ihre Überzeugung ausgedrückt, dass wirtschaftliche Entwicklung im Einklang mit der sozialen Gerechtigkeit und im Rahmen der ökologischen Grenzen gestaltet werden muss.
Leider hat sich in der Vergangenheit ein Primat der Wirtschaft ergeben, dem alles andere nachgeordnet wurde. Das war für die ökologische wie auch die soziale Seite sehr nachteilig. Wirtschaft muss künftig wieder von einem reinen Zweck zu einem Mittel werden, das der Gesellschaft dient und mithilft, dass gutes Leben für alle Menschen möglich wird. Angesichts der Ausbeutung von Ressourcen sollte jedem klar sein, dass wirtschaftliches Wachstum nicht unendlich sein kann.
Die Agenda 2030 gilt für alle Staaten der Welt und jeder soll hier einen Beitrag zur Umsetzung leisten. Die Kommunen sind aufgrund ihrer lokalen Verankerung und der konkreten Umsetzungsorientierung vor Ort hierfür geradezu prädestiniert. In der Regel identifizieren sich die Bürgerinnen und Bürger, wenn die Rahmenbedingungen stimmen, stark mit ihrer Kommune. Hier fühlen sie sich zu Hause, hier erleben sie Gemeinschaft und hier können sie sich einbringen, um ihre Lebenswelt aktiv mitzugestalten.
Wir wissen inzwischen alle, dass es schnell strenge Regeln für den Umweltschutz geben muss, wenn wir die Klimarettung schaffen wollen. Entscheidungen dazu sind dringend notwendig, müssen aber sorgfältig durchdacht werden. Aktionismus wäre hier fatal.
Daher dürfen die Ziele nicht von oben nach unten definiert werden, sondern als Ergebnis einer Interaktion zwischen den Akteuren.
Glück und Lebensqualität lassen sich nicht über das Bruttosozialprodukt bestimmen. Es geht nicht um immer mehr, immer schneller, immer weiter, immer höher, vielmehr geht es um Entschleunigung des Lebens, um gründliches Nachdenken und bewusstes Handeln, es geht um einen verantwortungsvollen Umgang mit den Ressourcen, um Themen und Werte wie Bildung, Gesundheit und soziales Miteinander, kurz um eine gerechtere und menschlichere Welt. Digitalisierung und ein rasanter technischer Fortschritt sollten hierbei als Chancen für völlig neue Lösungen erkannt und genutzt werden.
Das Leitbild Cittaslow, bei dem es um eine nachhaltige Entwicklung von lebenswerten Kleinstädten nach dem Dreisäulenmodell der Wirtschaftlichkeit, der Ökologie und des sozialen Zusammenhalts geht, kann bei diesem Umdenkungsprozess sehr hilfreich sein.
Deshalb fordern wir von den Regierungen, sich für Frieden und Freiheit einzusetzen, für grundlegende Bildungschancen zu sorgen, stärker in Wissenschaft und Forschung zu investieren, bürokratische Hürden abzubauen und die Aktivitäten der Menschen in den Städten und Gemeinden stärker zu unterstützen und wirksamer zu fördern.
Gelingt es, ein gutes und gerechtes Miteinander, vor allem auch mit der jungen Generation und mehr Lebensqualität für die Menschen aller Generationen zu schaffen, wird in den Gesellschaften auch kein Platz mehr für Rassismus und Populismus sein.
Das POSITIONSPAPIER - 2020 finden Sie hier zum Download als PDF.